Hydrocephalus („Wasserkopf“-Krankheit)
Malresorptiver Hydrocephalus
Produktion und Resorption des Hirnwassers halten sich im Normalfall im Gleichgewicht. Wenn zu wenig Flüssigkeit resorbiert wird, kann sich ein Hydrocephalus entwickeln. Resorptionshindernisse sind meist die Folge einer Hirnhautentzündung oder einer angeborenen oder frühkindlichen Fehlbildung des Gehirns. Außerdem kommen Einblutungen in den Hirnwasserräumen in Betracht, am häufigsten nach einer aneurysmatischer Subarachnoidalblutung.
Symptome
Der malresorptive Hydrocephalus verursacht in der Regel chronische Symptome, sie entstehen langsam, manchmal über Jahre. Typisch sind eine Gangunsicherheit (kleinschrittig und breitbasig), Hirnleistungsstörung (Vergesslichkeit, Verlangsamung, verstärkte Reizbarkeit) und Blasen- sowie Stuhlinkontinenz.
Desweitern können Schwindel, Konzentrationsstörungen, Änderungen der Persönlichkeit, Verhaltensauffälligkeiten (Unruhe, Unlust, Ungeduld), Lärmüberempfindlichkeit entstehen. Die Symptome sind unspezifisch, die Diagnosestellung dauert deswegen oft Jahre. Die Symptome können, insbesondere bei älteren Patienten, eine beginnende Demenz vortäuschen. Unbehandelt führt der Hydrocephalus zu schweren Funktionsdefiziten infolge der irreversiblen Nervenzellschädigung.
Diagnostik
Wenn die klinische Untersuchung auffällige Symptome nachweist, wird ein Computer- (CT) oder Kernspintomogramm (MRI) angefertigt: dabei zeigt sich immer ein plumpes und erweitertes Ventrikelsystem.
Bei Verdacht auf einen chronischen malresorptiven Hydrocephalus wird häufig ein Liquorablasstest, auch TAP-Test genannt, durchgeführt. Dabei wird mittels einer Punktion des Wirbelkanals im unteren Rücken (Lumbalpunktion), 30-40 ml Hirnwasser entnommen. Vor und nach der Punktion erfolgen standardisierte neurologische Test. Insbesondere werden das Gangbild und die neuropsychologischen Funktionen getestet. Zeigt sich eine signifikante Besserung, besteht die Hoffnung dass durch eine Operation eine dauerhafte Linderung der Beschwerden erreicht werden kann.
Therapie
Bei dem malresorptiven Hydrocephalus wird das überschüssige Hirnwasser aus den erweiterten Hirnkammern in eine andere Körperhöhle abgeleitet: es wird ein Shunt angelegt. Der Shunt besteht aus einem zentralen Katheter in den Ventrikeln, einem einstellbaren Shuntventil und einem peripheren Ableitkatheter. Als Standard wird die Ableitung in den Bauchraum vorgenommen, es wird ein sog. ventrikulo-peritonealer Shunt angelegt. In Einzelfällen kann auch ein Abfluss vor den rechten Herzvorhof notwendig werden (ventrikulo-atrialer Shunt).
Spezielle Techniken in unserem Zentrum
Bei einem malresorptiven Hydrocephalus wird in unserem Zentrum die Anlage des ventrikuloperitonealen Shuntes mit dem Endoskop kontrolliert. So wird bei der navigationgestützte Punktion des Hirnventrikels mit einem millimeterdünnen sog. „Shuntskop“ die optimale Lage des Zentralkatheters überprüft. Der periphere Ableitkatheter wird unter Kontrolle der Bauchspiegelung (Laparoskopie) in die Bauchhöhle geführt. So ist eine größere Bauchöffnung (Laparotomie) nicht notwendig, die operationsbedingte Belastung wird deutlich geringer. Die endoskopische Assistenz garantiert in dem Sinne ein optimale Lage des Shuntes und sichere Überprüfung dessen Funktion.
Fallbeispiele
Verschlusshydrocephalus
Beim Verschlusshydrocephalus kann das Hirnwassers aus den inneren Hirnwasserkammern nicht in den äußeren Hirnwasserräumen abfließen. Häufigste Ursache ist eine membranöse Verschluss zwischen dem dritten und vierten Ventrikel im sog. Aqueductus cerebri. Seltener werden die Hirnwasserwege durch Tumore oder Blutungen verlegt.
Symptome
Der membranöse Aqueductverschluss ist häufig angeboren, so entwickeln sich die Symptome langsam und schleichend. Eine akuter Hydrocephalus entsteht, wenn die Verbindung zwischen den einzelnen Liquorräumen plötzlich durch einen Tumor oder durch Blutungen verschlossen ist und das Hirnwasser nicht abfließen kann. Die typischen Symptome des plötzlichen Verschlusshydrocephalus sind Kopf- und Nackenschmerzen (anfangs meist morgens), Übelkeit und Erbrechen sowie Sehstörungen. Die Beschwerden nehmen rasch, nicht selten mit tragischer Dynamik zu und führen letztendlich zur Bewusstseinseintrübung. In diesen Fällen des akuten Verschlusses der Hirnwasserwege besteht Lebensgefahr!
Diagnostik
Bei typischen Symptomen wird ein Kernspintomogramm (MRI) angefertigt, dabei zeigt sich immer ein erweitertes Ventrikelsystem. In den gewöhnlichen T1 und T2 MRI-Sequenzen können sich unter Umständen Tumore darstellen, die die Hirnwasserzirkulation behindern. Bei den sog. CISS- und Flusssensitiven-Sequenzen kann man Septierungen erkennen und die pulsatile Hirnwasserzirkulation darstellen.
Therapie
Beim Verschlusshydrozephalus kann das Hirnwasser, wegen eines Hindernis, das Ventrikelsystem nicht verlassen, die Zirkulation ist „mechanisch“ gestört. Die häufigste Ursache ist eine Einengung oder Verschluss des Aquaeductus cerebri. Dieses Kanälchen verbindet den dritten mit dem vierten Ventrikel und ist die „Achilles-Ferse“ der Hirnwasserzirkulation.
Wenn ein Verschlusshydrozephalus vorliegt, wird die Ursache behoben (z.B. ein Tumor entfernt) oder eine Umgehung für das Hirnwasser geschaffen. Dies geschieht durch einen minimalinvasiven endoskopischen Eingriff. Diese sog. Ventrikulozisternostomie ist eine der Spezialitäten unserer Praxis.
Spezielle Techniken in unserem Zentrum
Bei einem Verschlusshydrocephalus wird eine sog. Ventrikulozisternostomie durchgeführt. Dabei wird der Boden des III. Ventrikels unter endoskopischer Sicht eröffnet, um einen Umgehungskreislauf für den Liquor innerhalb des Hirnwassersystems herzustellen. Das Endoskop über ein Bohrlochtrepanation in die Hirnwasserkammern einführt, der optimale Eintrittspunkt und die Trajektorie werden mit der Hilfe des Navigationsgerätes definiert. Da die Hirnventrikel mit klarem Nervenwasser gefüllt sind, bietet sich eine gute Sicht auf die anatomischen Strukturen der Kammern.
In seltenen Fällen, bei einem membranösen Verschluss kann unter endoskopischer Sicht selbst der Aquaeduct eröffnet und erweitert werden. Diese sog. Aquaeductoplastie wird wegen des höheren technischen Aufwands und höherer Risiken nur dann durchgeführt, wenn eine Ventrikuloziternostomie auf Grund anatomischer Gegebenheiten nicht möglich ist.
Fallbeispiele